Verwaiste Sockel auf einem jüdischen Friedhof
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Net Olam – Schändungen jüdischer Friedhöfe in Bayern

Kooperationsprojekt zur Erforschung der Schändung jüdischer Begräbnisstätten in Deutschland

Einen jüdischen Friedhof bezeichnet man auch mit der hebräischen Wortverbindung „Bet Olam“, was auf Deutsch mit „Haus der Ewigkeit“ übersetzt wird. Die Totenruhe gilt nach jüdischem Religionsgesetz als unantastbar, die Grabstätten sollen bis ans Ende der Tage bestehen. Übergriffe jeglicher Art auf die Friedhöfe wiegen daher besonders schwer – sie verletzen die Ruhe der Toten und das Pietätsgefühl der Lebenden und richten sich damit gegen die jüdische Bevölkerung als Ganzes.

Jüdische Friedhöfe im Fokus von Antisemitismus und Prävention

Dennoch sind Friedhofsschändungen bis heute nur selten Gegenstand der Antisemitismus­forschung, verlässliche Daten über Häufigkeit, Täter und Hintergründe fehlen weitestgehend.

Das Verbundprojekt „Net Olam – Jüdische Friedhöfe im Fokus von Antisemitismus und Prä­vention“, eine Kooperation von Bayerischem Landesamt für Denkmalpflege, Salomon Ludwig Steinheim-Institut und Bet Tfila – Forschungsstelle für jüdische Architektur in Europa, hat sich zum Ziel gesetzt, diese Lücke zu schließen. Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unter dem Dach des Metavorhabens „Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus“ (Förderkennzeichen 01UG2144C) sammeln die Kooperationspartner binnen vier Jahren Daten zu unterschiedlichen Fragestellungen bezüglich der Schändung jüdischer Fried­höfe in Deutschland und werten diese aus, um anschließend auf dieser Grundlage Konzepte zum Schutz der jüdischen Begräbnisstätten zu erarbeiten.

Schändungen jüdischer Friedhöfe in Bayern

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Im Teilprojekt des Landesamts werden unter dem Titel „Schändungen jüdischer Friedhöfe in Bayern – Scha­densbilder, Ausmaß, historischer Kontext, Analyse an­hand von Fallbeispielen“ die konkreten Folgen der Schändungen für den Bestand der Grabmäler und der mikrohistorische Rahmen der Schändungsereignisse untersucht. Neben Archiv-, Literatur- und Presse­recherchen zur Datierung und Kontextualisierung der einzelnen Übergriffe liegt der Fokus auf der Dokumen­tation der auf den Friedhöfen noch sichtbaren Schä­den: Verwaiste Sockel, quer gebrochene Grabsteine sowie zerschlagene oder herausgeschlagene Inschrif­ten sind unverkennbare Zeugnisse von Schändungen. Andere Fundsituationen, wie verkehrtherum auf ihren Sockeln sitzende Grabsteine oder Steine, die laut historischen Plänen ursprünglich an anderer Stelle standen, sind erst auf den zweiten Blick mit mutwilligen Zerstörungen in Verbindung zu bringen: Sie kamen dadurch zustande, dass umgeworfene oder entwendete Grabsteine irgendwann in den Folgejahren fehlerhaft wiederaufgerichtet worden waren.

Die Daten über Qualität und Umfang der Schäden können direkt bei ihrer Erhebung vor Ort auf den Friedhöfen über ein mobiles Endgerät in die Online-Datenbank des Projekts „Erfassung jüdischer Grabmäler in Bayern“ eingetragen werden und stehen künftig auf diese Weise in digitaler Form für die Forschung zur Verfügung.